Eine Welt im Kleinen - die Entomofauna

Diese Seiten sind der Entomofauna, insbesondere den Coleopteren und Lepidopteren gewidmet, denen ich seit einigen Jahren mit meiner Kamera nachspüre.

Ich möchte mit meinen Bildern Neugier aber auch Sensibilität für eine Welt vermitteln, die durch den menschlichen Einfluss weiter und weiter zurückgedrängt wird - mehr und mehr verloren geht. 

Ein Entomologe wird sich immer wieder dem Vergleich mit dem von Eddie Arent hervorragend verkörperten Stereotyp des Schmetterlingsjägers ausgesetzt sehen, der mit dem Netz in der Hand zur Volksbelustigung durch den Karl May-Film „Der Schatz im Silbersee“ stolperte.

Doch die Beschäftigung mit der Vielfalt im Kleinen ist mehr, sie ist Ausdruck eines wachen Menschen, der die Fülle des ihn umgebenden Lebens wahrnehmen und mit Genuss daran teilhaben kann.

In der Insektenwelt offenbart sich die erfolgreichste Tiergruppe unserer Zeit mit allen Strategien des Lebens im Laborformat – von der ungeheuren Zahl genutzter ökologischer Nischen über Mimikry und Parasitismus, der aufopferungsvollen Pflege der Nachkommenschaft beim Necrophorus, bis hin zum komplexen arbeitsteiligen Gemeinwesen staatenbildender Insekten.

Selbst die Sprache, die abstrahierende Übermittlung der wahrgenommenen Welt an andere, besitzt der Mensch nicht für sich allein, denn ist nicht auch der Schwänzeltanz der Honigbiene, der den Artgenossinnen Lage und Art einer Nektarquelle mitteilt eine Sprache?

Die Vielfalt des Lebens zu erfassen und sich darin als ein Bestandteil von vielen wiederzufinden, fällt den Menschen heute zunehmend schwerer. Der gnadenlose Ressourcenverbrauch für Unmengen an Energie und messihaften Geltungskonsum mit absurden Ballungen von Werten in den Händen einzelner sind Merkmale einer Spezies, die die Grenzen der Vernunft verlassen hat und ihre Abhängigkeit von den natürlichen Systemen ignoriert.

Als allgemeine Wahrnehmung der Situation unserer Entomofauna hört man immer wieder, dass doch überall Schmetterlinge und Käfer zu sehen seien. Für diesen Eindruck sorgt jedoch häufig die Beobachtung starker Populationen kulturfolgender oder -begünstigter Arten und nicht der wirklichen Artenvielfalt.

Wer aber mit Kenntnissen und offenen Augen durch die Welt geht, sollte sich fragen warum bspw. unsere Tagfalterfauna nahezu ausschließlich aus Kohlweißlingen, Tagpfauenaugen und Kleinen Füchsen besteht?

Wo sind unsere anderen Tagfalter geblieben? Die gleiche Frage stellt sich für unsere xylobionten Käfer, zu denen unsere größten und schönsten Arten gehören. 

Für viele unserer Insekten scheint es in einer anthropogen geprägten, ausgeräumten Welt keinen Platz mehr zu geben. Doch ist nicht diese natürliche Vielfalt eine der Grundlagen unserer eigenen Lebensqualität?

Schmetterlinge gehören infolge ihrer Filigranität und Schönheit zu unseren beliebtesten Insekten. Dies äußert sich nicht zuletzt in nahezu unendlichen Variationen des Schmetterlingsmotivs für Dekorationen oder die Werbung. Schmetterlingshäuser mit tropischen Arten ziehen jährlich viele tausende Besucher an.

Zu Ostern werden wir wieder Mai- und Marienkäfer aus Schokolade verschenken. Übers Jahr werden wir unsere Glückwunschkarten wieder mit Schmetterlings- oder Marienkäfermotiven bedrucken lassen, ohne daran zu denken, dass viele unserer Großschmetterlinge und heimischen Marienkäfer gefährdet sind.

Wahre Sympathie für Schmetterlinge und Käfer kann sich jedoch nur im Respektieren und der konsequenten Erhaltung von deren Lebensräumen zeigen. Bislang gibt es zu wenige, die gegen den Verlust der benötigten natürlichen Refugien dieser Tiergruppen aktiv werden - die sich gegen eine leere Welt stellen.
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Als junger Mensch gab ich das Sammeln und Präparieren von Insekten auf, da ich insbesondere seltene Arten nicht zusätzlich dezimieren wollte. Erst viele Jahre später brachte mir die weiterentwickelte Makrofotografie die alte Leidenschaft zurück. So ging ich schließlich wieder hinaus, um zu nachzusehen, was von "meiner" Entomofauna noch übrig ist...

Die Erfüllung hoher wissenschaftlicher Ansprüche ist nicht Aufgabe dieser Seite. Vielmehr werden sich neben den dargestellten Beobachtungen immer auch subjektive Einschätzungen und Elemente finden. Dies ist die Privatseite - das Werk eines rastlosen, einfachen Menschens, der tags arbeitet, abends fotografiert und nachts schreibt. Eine Gewähr für Richtigkeit wird nicht übernommen. Orthografische Unzulänglichkeiten bitte ich mir nachzusehen. Für Hinweise bzw. Berichtigungen hinsichtlich der vielen z. T. auf Fotos schwierig anzusprechenden Arten, bin ich jedoch jederzeit dankbar.
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Nachtrag zur Bestandsaufnahme zur Lage der Natur und biologischen Vielfalt durch das Bundesumweltministerium 2014:

29 % der heimischen Tierarten sind in ihrem Bestand bedroht. Als besonders gefährdet werden viele der einheimischen Insektenarten eingestuft. Dies ist das Dokument einer schleichenden Katastrophe!

Scharen von Umweltökonomen mögen nun den Wertverlust des Artenrückgangs für den Menschen berechnen - den Menschen? Für mich stellt sich das Problem anders dar - als ethisch-rechtliche Frage:

Mit welchem Recht stellt der Mensch seine Ansprüche über die aller anderen Lebensformen? Je unabhängiger und sicherer er seine grundlegenden Lebensbedürfnisse verwirklicht, desto mehr schwindet die moralische Legitimation seiner exponierten Selbstbetrachtung. Wollen wir wirklich allen diesen durch uns bedrohten Arten das Existenzrecht absprechen?

In meinen Untersuchungen, die natürlich keinen wissenschaftlichen Maßstäben genügen, habe ich oft die absolute Artenarmut intensiv genutzter Areale erlebt.

Aber auch relativ unbeeinflusste Bereiche, die durchaus Habitate für seltene Arten darstellen könnten, waren nicht (mehr) bevölkert. Offenbar besteht neben der Verarmung durch intensive Nutzung ein gravierendes Problem in der Verinselung von Biotopen. Diese Inseln scheinen nur sehr schwer wiederbesiedelt zu werden. Insbesondere die großen Wald-Lepidopteren scheinen hierfür nur eine geringe Ausbreitungsfähgkeit zu besitzen.

In einer 2014 durch M. Dirzo et al. veröffentlichten Arbeit zur Biodiversität von Wirbellosen finden sich eindeutige Zahlen: Global ist die Lepidopterenvielfalt in durch den Menschen unbeeinflussten Gebieten 7,6 mal höher als in vergleichbaren, beeinflussten Arealen.[1] 

"Und dann gehe ich hinaus und sehe, wie sich serielle Einfamilienhäuser auf ehemaligem Acker- und Grünland ausbreiten, in den Vorgärten Carports, robotergepflegter Kurzrasen und Koniferen - kaum Blumen und schon gar kein Nutzbeet. Die Zahlen der Hausneubauten in ländlichen Gebieten steigen weiter. Das Ergebnis sind ausgedehnte tote Areale ohne Nahrungspflanzen für Raupen, Schmetterlinge und andere Insekten.

Statt einer Zäsur füllen sich die Straßen beispielhaft mit aufgeblähten, energiefressenden SUV und Protz-Limousinen. Das hemmungslose Verfeuern fossiler Energierohstoffe für Unterhaltungs- und Geltungs-konsum kannibalisiert künftige Generationen. Schon heute werden weltweit Lebensgrundlagen anderer Menschen massiv beeinträchtigt und wertvolle Ökosysteme, z. B. kälteliebender Arten, geschädigt.

Im Kampf um Kunden übertrumpfen sich konzentrierte Supermärkte und "Veredler" in Billigofferten an Lebensmitteln und zwingen die Landwirtschaft zu einer Intensität jenseits der natürlichen Balance. Jährlich aber wandern 18 Mio. t dieser "billigen" Nahrung in den Müll. Und in der Landwirtschaft ist der Griff in die "Apothekenkiste" leider Usus geworden. Moderne, hochwirksame Pflanzenschutzmittel sollten jedoch ausschließlich in integrierten, exakt an Schadschwellen ausgerichteten Anbausystemen, Anwendung finden. Die unerwarteten Nebenwirkungen der Neonicotinoide haben jedoch auch gezeigt, dass selbst mit der heutigen Prüfroutine Folgeeffekte auf Ökosysteme fatal unterschätzt werden können. Landwirten sollte bewusst sein, wie wichtig ein Netz naturbelassener Randstreifen für den genetischen Austausch = Erhalt diverser Lebewesen ist. Wenn man im Sommer unzählige Schwebfliegen auf Doldenblüten am Feldrand beobachtet oder weiß, dass Laufkäfer täglich bis zu 200m in den Acker einwandern, wird der hohe Nutzen dieser "Straßen des Lebens" klar.

Last but not least sorgen technisch hochgerüstete kommunale Dienstleister und Straßenmeistereien durch eine exzessive Grünanlagen- und Land-schaftspflege* für eine sterile, aufgeräumte Flur und zerreißen damit permanent das für wandernde, Wiesen- und Ruderalstandorte liebende Insekten-arten überlebenswichtige Netz natürlicher Land-schaftselemente..." 

* Mahd ist grundsätzlich ein wichtiges Element der Biotop-Erhaltung. Es kommt auf eine sparsame, portionsweise Anwendung (ideal 1-2xjährlich) zum geeigneten Zeitpunkt mit einer insektenschonenden Technik an: bevorzugt mit Messerbalken, kein Kreiselmäher und kein Mulchen.

[1] Dirzo, Rodolfo et al. (2014): Defaunation in the Anthropocene. In: Science Vol. 345 Issue 6195, S. 401
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